*** ERINNERUNG an Walter Kempowski ***
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Sabine Grimm, 44532 Lünen

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Herkunft


Der Vorfahre von Friedrich Kempowski war der Schneider und Lehrer Kempowski. Er wurde um 1768 in Rehberg auf der Elbinger Höhe geboren. Rehberg war ein Rittergut und gehörte zur Herrschaft Cadinen in Westpreußen, nördlich von Elbing. Das dort befindliche Schloss wurde 1898 von Kaiser Wilhelm II. im Jahre 1898 gekauft. Dieser ließ es zu seiner Sommerresidenz ausbauen und eine Majolikamanufaktur gründen, um dort eine erfolgreiche Keramiktradition aufzubauen. "Majolika" bezeichnete ursprünglich italienische, weiß- und farbig glasierte Keramik. Der Name leitet sich von Mallorca ab, woher im Mittelalter maurische Keramik nach Italien kam. Im späten 19 Jhd. bürgerte sich der Begriff allgemein für bemalte und glasierte Kunstkeramik ein.

Es war der 1.06.1801, als der Schneider Kempowski zum Lehrer ernannt wurde. In dieser Funktion stand er unter der Aufsicht des Pastors. Bis weit ins 19. Jhd. war es üblich, dass die örtlichen Handwerker, sogar wenn sie des Lesens und Schreibens kaum kundig waren, zum Lehrer ernannt wurden.

1804 wurde die Schule gegründet. Jahrelang hatte Der Lehrer Kempowski, der vormals ein Schneider war, den westpreußischen Kindern das Lesen und Schreiben beigebracht. Doch dann wurde er Opfer der Humboldtschen Bildungsreformen, die nach 1812 in Preußen die Lehrerausbildung professioneller gestalten sollten und aufgrund derer gesetzliche Regelungen getroffen wurden.

Dieser Schneider und Lehrer hatte einen Sohn namens Friedrich (Wilhelm) Kempowski (*? - 1881). Der besaß ein Haus und Gartenland in Succase. Eines Tages schaffte er sich einen Kahn an, mit dem er sein Obst auf die frische Nehrung nach Elbing und Königsberg transportierte. Die Elbiger Höhe galt einst als hervorragendstes Obstanbaugebiet Preußens.

Später lebte er als Schiffseigner in der ehemaligen Hansestadt Elbing.

Er war dreimal verheiratet.

Einer seiner Söhne war Zigarrenmacher in der größten Zigarrenfabrik in Elbing und sogar des Kontinents. Dieser Sohn wanderte später nach Amerika aus.

Der Sohn, der in Succase der Erstgeborene war, hieß genau wie sein Vater: Friedrich Wilhelm
(1824-1904). Dieser Sohn ging als Reeder nach Königsberg. Er besaß sechs Segelschiffe.

Es entstand ein kleines Familienimperium am Pregel in Ostpreußen. Die Schiffe befuhren das Haff und die Ostsee mit Obst und Gemüse und verkauften die geernteten Früchte an der Küste.

Nachkommen aus der dritten Ehe von Friedrich Wilhelm Kempowski betrieben vor Ort einen Obst- und Kartoffelgroßhandel, der nach 1945 in Lübeck fortgesetzt wurde.

Robert Wilhelm und seine Ehefrau Wilhelmine konnten ein gut bürgerliches Leben führen. Die Gattin, eine stattliche Blondine, trug reichen Goldschmuck und ließ sich von ihren Kindern und Enkelkindern die Hand küssen. Es ging den Kempowskis damals ausnehmend gut, doch dann wurde die Familie von Armut bedroht, als alle Schiffe der eigenen Segelflotte in Ostpreußen sanken, denn für derartige Schicksalsschläge war keine Versicherung abgeschlossen worden. Aus dem Grund war ein Versicherungsanspruch ausgeschlossen.

Das vierte und letzte Kind von Friedrich Wilhelm Kempowski hieß Robert William Kempowski.

Robert William Kempowski. wurde 1865 in Ostpreußen, Königsberg geboren (-1939). Später begann er seine Lehre als Schifffahrtskaufmann bei einer Königsberger Reederei.

Robert Williams Vater riet seinem Sohn dazu, nach Mecklenburg zu gehen und somit siedelte er im Jahre 1885 zwanzigjährig und relativ mittellos  nach Westen über. So kam es, dass Robert William Kempowski zur Zeit der gesunkenen Schiffe bereits als Zugezogener in Rostock weilte.

Dort begann er in der ortsansässigen, führenden Reederei Wiggers als Angestellter seine berufliche Existenz aufzubauen.

Robert William Kempowski musste den Tod seines ältesten, einzigen Bruders verkraften. Dieser Umstand, ohne Bruder allein zurückgeblieben zu sein, sein Aufstiegswunsch, das Verantwortungsgefühl seiner Herkunftsfamilie gegenüber, seine Liebe zur Seefahrt, aber auch seine Abenteuerlust und Risikobereitschaft motivierten ihn zu Höchstleistungen, indem er die Familientradition fortsetzte.

Robert William heiratete die ebenfalls zugezogene zwanzigjährige Anna, Tochter des zu Reichtum gekommenen Maurers Siebert (Martens). Anna hatte eine Schwester. Beide hatten früh ihre Eltern verloren. Ihr liebevoller, großzügiger Onkel kümmerte sich sehr um die beiden Waisen und ließ ihnen jeglichen Reichtum zukommen, damit sie ein gutes, bequemes Leben führen konnten.

Robert William Kempowskis berufliches Engagement und die Hochzeit mit seiner sehr vermögenden Braut führten dazu, dass sich sein Status anhob.

Im Jahre 1903 nahm Robert William ein Angebot seines Chefs an und kaufte mit einem Kollegen gemeinsam die Reederei auf. Nun gründete er seine eigene Firma. Die für Handelsbeziehungen mit dem Westen günstige Verkehrslage der Stadt förderte sein geschäftliches Vorwärtskommen, und er baute, anfangs mit dem Vermögen seiner Ehefrau, denn die ersten beiden Frachtschiffe wurden von der Mitgift der Brauteltern bezahlt, eine große Familienexistenz auf. Das Geschäft und die Reederei florierten und Kempowskis gehörten bald zu den ersten Familien der Stadt. In der großen Villa in bester Wohnlage traf alles, was Rang und Namen hatte aufeinander und das große Haus, das Anna mit elf Dienstboten führte, wurde zum Zentrum des gesellschaftlichen Lebens der Stadt. Seit 1915 gehörte Robert William die Firma alleine und er zählte zeitweise zu den dortigen reichsten Männern.

Jedoch kam nach dem Auf auch das Ab. Nachdem das Geschäft im Weltkrieg durch den Import von schwedischem Erz einen enormen Aufschwung genommen hatte, brachte die Inflation von 1923 die Familie in arge Bedrängnis. Glücklicherweise folgte auch wieder ein Aufschwung und es konnten wieder neue Schiffe angeschafft werden.

1927 starb Anna während eines Kuraufenthalts in Bad Oeynhausen. Robert William lebte bis zu seinem Tode 1939 einsam in seiner Villa, wo er von einem Dienstmädchen mehr schlecht als recht gepflegt wurde.

Robert William und Anna Kempowski hatten zwei Kinder, die Erstgeborene Elisabeth, genannt Lising (1893-1973) und den zweitgeborenen Karl-Georg (1898-1945).

Die Mutter Anna ließ ihren Sohn, den später Geborenen, mehr als einmal wissen, dass er ein Nachzügler sei und dass nicht mehr mit ihm als Stammhalter gerechnet worden war. Es wurde deutlich, dass die Eltern sich verzögert auf die nachträgliche Geburt des Stammhalters einzustellen hatten. Diese Gewissheit beeinflusste sein ganzes Leben. Im 1. Weltkrieg meldete er sich freiwillig zur Waffe, wurde Leutnant im Infanterie-Regiment Königin Viktoria von Schweden und erhielt das Eiserne Kreuz erster Klasse.

Mit fünfzehn lernte er im Sommer 1912 bei einer Lesung des Dichters Cäsar Flaischlen in Graal- Müritz an der Ostsee die siebzehnjährige Anna Margarete Collasius (1896-1969) kennen. Nachdem sie sich zunächst einen anderen Mann aus dem Kopf geschlagen hatte, dem seine Karriere wichtiger als die gemeinsame Beziehung war, verliebte sie sich auf den zweiten Blick in Karl-Georg Kempowski und es wurde bald aus Freundschaft Liebe. Anna Margarete kam aus einer sehr angesehenen Kaufmannsfamilie und leitete einen Kindergarten im Arbeiterviertel. Eine zarte Liebesgeschichte entwickelte sich zwischen Karl und Grethe. Diese wurde vom ersten Weltkrieg jäh unterbrochen. Karl ging als Freiwilliger an die Front und erlebte den Bombenhagel bis zu seinem bitteren Ende mit. Grethe diente dem Vaterland in einem Kinderhort. Die verflossene Liebe Margaretes, die ihr einst die Karriere vorzog, erschoss sich und die seinen in seinem Landhaus während des Krieges.

1917 verlobten Karl-Georg und Anna Margarete sich und nach der Eheschließung reiste das junge Paar nach Lübeck, wo Karl-Georg als Volontär in einer Schiffsmaklerei angestellt war. Nach Beendigung des Volontariats ein Jahr später zogen sie nach Rostock, wo sie eine Familie gründen wollten. Karl stieg im Betrieb des Vaters ein. Zwei Jahre später 1922 bekamen die beiden ihre Tochter Ulla und ein weiteres Jahr später 1923 ihren Sohn Robert. 1929 wurde Walter Kempowski geboren.

Das Leben der Familie im Wirtschaftsbürgertum gestaltete sich so, dass Grete durch das Hauspersonal von sämtlichen Hausarbeiten freigestellt war. Sie hatte die Aufgabe, die typischen Geselligkeitskreise für die bürgerliche Lebenswelt zu organisieren und und ihren Beitrag zur kulturellen Erziehung ihrer Kinder zu leisten. Nach Beginn des zweiten Weltkrieges wurde zunächst Robert eingezogen, jedoch wegen einer Beinkrankheit, an der er seit seiner Kindheit litt, wieder als untauglich entlassen. Seine danach begonnene Lehre als Schifffahrtskaufmann in Stettin musste er wieder abbrechen, weil er im Jahre 1944 erneut einberufen wurde. Auch sein Bruder Walter wurde 1945 als Flakhelfer und Bote einberufen.

Das ersehnte Kriegsende wurde überschattet durch den Tod des Vaters, der an der kurischen Nehrung gefallen war. Nach Beendigung des Krieges waren den Kempowskis durch die politischen Umstände und die Enteignung des Vaterbetriebes durch die russischen Besatzungsmächte massive Steine in den Weg gelegt worden, so dass sie nicht zurück in das Reedergeschäft gehen konnten und sich umorientieren mussten.

Walter Kempowski begann nach dem Krieg im Jahre 1946 eine Lehre als Druckereikaufmann, wobei er mit seiner Berufswahl die Famielientradition nicht fortsetzte. Nichts desto trotz hingen er und sein Bruder Robert, der Banker wurde, sehr an der Reederei, die ihre familiäre Identifikation ausmachte und die man ihnen enteignet hatte. Beide Brüder verfolgen Interventionen, die rechtswidrigen Machenschaften der Enteignung aufzudecken und den Amerikanern zu übermitteln, um so die Chance zu erlangen, das stolze Erbe des Vaters zu verteidigen und an alte unternehmerische Erfolge anknüpfen zu können. Diese Hoffnung erfüllte sich jedoch nicht. Stattdessen gerieten beide in Haft. Es war 1948, als beide zu 25 Jahren Haft im Zuchthaus Bauzen verurteilt wurden. Die Mutter hatte man gleich in die Anklagepunkte mit eingebunden und zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Durch eine Amnestie wurden alle drei frühzeitig entlassen, die Mutter im Jahre 1955 und die Söhne im Jahre 1956. Gemeinsam lebten sie nach ihrer Freilassung in Hamburg, wo verwandtschaftliche Hilfe mütterlicherseits ihnen den Weg in ein normales Leben wieder ebnen sollte.
Walter Kempowski holte 1957 sein Abitur nach und studierte an der pädagogischen Hochschule in Göttingen, weil er Lehrer werden wollte. Im Jahre 1961 wurde sein Sohn Karl-Friedrich, im Jahre 1962 seine Tochter Renate geboren.1969 verstarb seine Mutter Anna Margarete.

Literarisch arbeitete Walter Kempowski auf, welche Demütigung seiner Familie durch den Statusverlust, der durch die politische Situation vom Staat geschaffen wurde, auferlegt wurde. In diesem Zusammenhang sammelte er Spuren und Dokumente des Erlebten und archivierte diese. Als Lehrer machte er tägliche Erlebnisberichte der Schüler zu Unterrichtsinhalten. Methodenvielfalt und individuelle Förderung selbst in großen Klassen zeichnen seine Methode aus. Parallel zu seinem Lehrerberuf wurde er auch ein berühmter Schriftsteller, der in beiden Berufen Werte vermitteln konnte.

Am 5. Oktober 2007 verstarb einer der bedeutendsten Autor der deutschen Nachkriegszeit im Kreise seiner engsten Angehörigen im niedersächsischen Rotenburg.




Recherchenausarbeitung: Sabine Grimm

Quellen:

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Link dazu:
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http://www.kempowski.de/lebensdaten.htm

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http://www.fanitz.ch/verwa_gr_d.html

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Walter Kempowski (
Walter Kempowski (†2007)
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